Pollenerkennung

Pflanzen produzieren Pollen, der über die Luft verbreitet und in Seen und wachsenden Mooren konserviert wird. Die Palynologie nutzt diese natürlichen Archive, um die Vegetation der Vergangenheit zu rekonstruieren. Die Methode ermöglicht Langzeit-Beobachtungen der Vegetation, mit unterschiedlichen Anwendungen. Mit Hilfe der Palynologie kann die Reaktion von Pflanzen auf Klimawandel in der Vergangenheit untersucht werden. Die Palynologie hilft Klimamodelle zu validieren und zu verbessern, denn das Klima wird durch die Vegetation, z. B. durch die Parameter Albedo and Evapotranspiration, beeinflusst. Für die Archäologie zeigt die Palynologie u. a. welche Umwelt frühere Kulturen vorfanden und wie sie diese veränderten. Für den Naturschutz liefert die Palynologie Baselines, z. B. über die natürliche Zusammensetzung und Offenheit der heimischen Wälder.

Fagus (Buche)
Lycopodium (Bärlapp)

Dank neuer Methoden wie REVEALS, ROPES, Marco Polo und EDA wandelt sich die Palynologie in jüngster Zeit von einer beschreibenden in eine quantitative Wissenschaft. Während also die Auswertung von Pollendaten derzeit große Fortschritte macht, hat sich die Erhebung von Pollendaten in der 100-jährigen Geschichte der Palynologie kaum verändert. Bis heute werden Pollendaten rein manuell durch Auszählen von Proben im Lichtmikroskop erhoben. Das Verfahren ist zeitaufwendig und damit teuer. Durch Datenbanken wie die European Pollen Database und Neotoma sind zwar auch ältere Datensätze verfügbar, diese sind jedoch oft wegen unzureichender Datierung und zeitlicher Auflösung nur eingeschränkt für moderne Analysen geeignet. Eine verbreitete Anwendung der neuen, quantitativen Methoden scheitert daher bisher an mangelnden Pollendaten. Erste Ansätze die Pollenanalyse zu automatisieren starteten bereits vor 30 Jahren. Frühe Ansätze versuchten Pollen auf mikroskopischen Aufnahmen anhand definierter Merkmale zu erkennen, aktuelle Ansätze nutzen machine-learning. In Tests stieg die Anzahl erkennbarer Pollentypen von < 10 auf aktuell ~30. Das erste kommerziell verfügbare System Classifynder kann z. B. Pollenkörner verschiedener Eukalyptus Arten erkennen, die für Menschen kaum unterscheidbar sind.

Obwohl die Grundlagen der automatisierten Pollenerkennung gelegt sind, fehlen bis heute konkrete Anwendung in der Paläoökologie. Das zentrale Problem ist, dass reale Pollenproben aus Seesedimenten und Torfen überwiegend nicht identifizierbare Objekte enthalten - Pollenkörner müssen zwischen diesen Objekten zunächst einmal gefunden werden. Zudem sind subfossile Pollenkörner oft degradiert und haben ihre Merkmale teils verloren. Ausgehend von diesen Erkenntnissen soll eine praxistaugliche automatisierte Erkennung in drei, zunehmend anspruchsvollen Schritten, entwickelt werden:

  1. Erkennen und Zählen von Pollen in reinen Proben ohne Verunreinigungen
  2. Schnelle und verlässliche Unterscheidung zwischen Pollen und anderen Resten in realen Proben
  3. Identifikation möglichst vieler Pollentypen in realen Pollenproben

Bei der Bearbeitung dieser Schritte steht die Entwicklung praktisch anwendbarer Verfahren im Vordergrund.


 

Das Verbundprojekt „DIG-IT!” wird durch den Europäischen Sozialfonds (ESF) und dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern gefördert.